Maßanfertigung von Brillen mit 3D-Druck macht richtig viel Sinn, aber warum führt sie noch immer ein Nischendasein? Das Kastner Brillen Haus in Fürth versucht das zu ändern: Jedem Kunden erzählen die Hightech-affinen Mittelfranken von individualisierten Brillen aus dem 3D-Drucker. Sie gehören zu den Vorreitern, die das sehzentrierte Design „Yuniku“ von Hoya verkaufen. Willkommen in der Zukunft! OPTIC + VISION besuchte das innovative Geschäft.
Technik, die begeistert, für eine Perfektion ohne Kompromisse:Im Kastner Brillen Haus wird nichts dem Zufall überlassen – und das ganze Team arbeitet mit viel Spaß und Engagement daran, die Kunden perfekt zu versorgen. Hightech spielt dabei eine große Rolle, genauso wie eine intelligente Auswahl von Designerbrillen abseits des Mainstreams, die Connaisseuren das Herz höher schlagen lässt, aber auch für den Otto Normalverbraucher in Fürth geeignet ist. „Es gibt Flippiges, aber auch Butter und Brot, wie man so schön sagt, damit sich hier jeder wohlfühlen kann“, so Stefan Lauermann. Gemeinsam mit seinem Vater Peter führt der junge Augenoptikermeister seit 2009 das Geschäft mit der 150-jährigen Geschichte, dass sich als überregionaler Innovationsführer positioniert. Vor einem Jahr haben sie angefangen, Yuniku von Hoya zu verkaufen. Und auch You Mawo haben sie seit April 2019 im Programm.
„Als das Yuniku-System auf der Messe vorgestellt wurde, wussten wir gleich, wir wollen dieses Gerät haben“, sagt Lauermann über den Scanner. „Wir sind eben sehr technik-affin und fanden die Idee spannend: Bei Yuniku ist das Konzept, dass man das Glas in perfekter Position berechnet und dann per 3D-Druck die passende Brille drumherum baut, die von einem Algorithmus berechnet wird. Der Sehkomfort ist am Ende überragend. Dieses Feedback bekommen wir immer wieder von Kunden. Und auch der Sitz der individualisierten Fassungen ist exzellent, wenn man sich als Optiker einmal reingefuchst hat und weiß, wo man bei der Konfiguration der Brille hinklicken muss, um dem Algorithmus die gewünschte Anpass-Information zu geben. Am Anfang haben wir uns als Team erstmal alle gegenseitig gescannt und uns Brillen drucken lassen, um herauszufinden, worauf es ankommt.“
Für Lauermann ist klar: „3D-Druckverfahren werden definitiv zur Zukunft der Brille gehören und einen gewissen Teil davon ausmachen. Hinzukommt, dass es uns einfach Spaß macht, neue Sachen auszuprobieren und unsere Kunden zu überraschen.“
Dabei musste sich das Team auch mit einem neuen Verkaufsprozess vertraut machen. „Der Kunde denkt normalerweise: Ich suche eine Fassung aus und die Gläser kommen dann einfach rein und werden im Nachhinein angepasst. Hier läuft es genau andersherum. Dass man sich die Wunschbrille selbst vorstellen muss und zunächst nur etwas Ähnliches in die Hand bekommt, ist die eigentliche Herausforderung beim Verkaufen.“
Wie funktioniert das Yuniku-Konzept?
Alles in allem ist das Menü leicht zu bedienen. Wenn sich der Kunde schon für eine Fassung entschieden hat und seine Augenwerte feststehen, dauert es nur zehn Minuten, um die individualisierte Brille in Auftrag zu geben. „Zuerst wird ein 3D-Foto vom Kunden gemacht. Das Programm passt dann das Design der Brillenfassung automatisch an das Gesicht an. Das Ausgangsmodell der Brille muss jedoch von der Proportion und Größe her stimmig sein, denn wenn sich das Design zu sehr ändert, meckert die Software“, erklärt Lauermann.
Mit den fertigen Brillen, die circa nach drei Wochen geliefert werden, hat er gute Erfahrungen: „Die Produkte kommen und sitzen perfekt auf der Nase. Die Bügel muss man noch in Form biegen, damit sie schön hinterm Ohr sitzen. Die Yuniku-Brillen sind superleicht und trotzdem etwas Plakatives und Besonderes. Ein Plus ist auch, dass man sie in so vielen Farben bekommen kann, von Braun, Grau, Grün, bis Brombeer und Orange ist alles dabei. Und dann gibt es noch die Möglichkeit, die Haptik zu wählen, mit oder ohne Struktur am Bügel, oder seit Neuestem mit Titanbügeln. Es gibt schon sehr viele Optionen und wir merken, wie das Konzept immer ausgereifter und vermarktungsfreundlicher wird. Gerade die Designs, die von Ørgreen für das System entwickelt wurden, sind sehr gut für unseren Markt geeignet. Die Gläser kann man mit allen Verspiegelungen und Oberflächen bekommen und mittlerweile auch als „Yuniku Lite“, einer preiswerteren Glasauswahl, wo das Glas weniger individualisierte Parameter enthält. Denn diese Brillen befinden sich schon im oberen Preissegment.“
Welchem Kunden empfiehlt das Team die individualisierten Brillen? „Tatsächlich jedem Kunden“, sagt Lauermann. „Bei den drei Fassungen, die wir auf´s Tableau legen, sollte immer eine 3D-Gedruckte dabei sein, entweder von Yuniku oder von You Mawo. Diese neue 3D-Technologie promoten wir gezielt. Wir möchten, dass unsere Kunden durch uns als erste davon erfahren.“
Wer beißt an? „Aktuell machen es noch wenige. Aber es gab schon einige Leute, die voll drauf abgefahren sind. Gerade am Anfang, als wir Kunden gezielt angeschrieben und dafür Werbung gemacht haben, hat es viele sehr interessiert. Beratung ist bei diesen neuen Produkten jedoch sehr gefragt und unumgänglich. Manche wollen mehr über das Material wissen, woher die Brillen kommen.“ Die Yuniku dauert derzeit drei Wochen in der Anfertigung und wird in Belgien gedruckt und die Gläser bei Hoya eingearbeitet.
Apropos Erklärung: Wie funktioniert eigentlich die Individualisierung bei den You Mawo-Brillen? „Das You Mawo-Konzept konzentriert sich ganz auf die Passform. Der Kunde kann seine Brille als Standardmodell oder maßgeschneidert kaufen.“, so Lauermann.
Schon ein „normaler“ Brillenkauf verlangt vom Kunden Überzeugung und Entscheidungsfreude. Ist ein Kauf mit so vielen Individualisierungs-Optionen nicht noch anspruchsvoller? „Es ist in der Tat ein Unterschied, ob man die Brille am Bildschirm sieht oder tatsächlich auf der Nase hat. Denn die Farben und Formen, aus denen ich virtuell auswählen kann, wirken in der Realität doch etwas anders. Und das ist die Herausforderung bei der Sache“, meint Lauermann. „Manche Leute steigen aus, wenn sie sich die fertige Brille nicht vorstellen können. Und wir möchten natürlich, dass die Kunden hundert Prozent zufrieden sind, also raten wir in Zweifelsfällen immer zur normalen Acetat-Fassung … Wobei die Kunden bei uns immer sicher sein können, dass wir sie nicht im Regen stehen lassen, falls ein Produkt mal nicht perfekt der Erwartung entsprechen sollte.“
Apropos Kundenbindung: Auch auf diesem Gebiet ist das Team vom Kastner Brillen Haus sehr kreativ unterwegs.
„Wir machen jeden ersten Samstag im Monat einen Frühstücksbrunch für unsere Kunden. Wir laden dazu ein, weil es uns Spaß macht, unsere Kunden etwas persönlicher kennenzulernen und eine nette Zeit mit ihnen zu verbringen. Da kommen dann unsere Kunden und noch unterschiedlichste Leute dazu. Sie können unseren Service in Anspruch nehmen, müssen aber nicht, denn wohlfühlen soll sich jeder, und das ist unsere Philosophie. Den Höhepunkt des Jahres bildet dann unsere große Kundenparty im Sommer. Dieses Jahr war das Motto „Las Vegas“ und wir haben im Verkaufsraum sämtliche Spiele von Black Jack über Poker und Roulette gespielt. Dazu gab´s ein Buffet mit singendem Barkeeper als Sahnehäubchen. Das Ganze war so lustig, dass wir uns jetzt echt anstrengen müssen, um wieder so eine interaktive Party-Idee zu finden. Eine Beachparty mit Sand vor dem Laden hatten wir nämlich auch schon.“
Kreative Innovationen …
dafür stehen die Mitarbeiter vom Kastner Brillen Haus in Fürth. In einem hollywoodesken Werbefilm, an dessen Drehbuch sie monatelang geschliffen haben, explodiert ihre ganze Leidenschaft für Präzision, Spaß und Service als rasante Abfolge witziger Szenen. Die Mission dieser heldenhaften Crew aus einem skurrilen Optik-Labor der Zukunft ist, auch noch den skeptischsten Kunden zufrieden zu stellen … „Wir hatten einfach Lust, etwas Verrücktes zu machen“, kommentiert Stefan Lauermann.
Hier den Film anschauen!
Dieser Artikel erschien in der sechsten Edition von OPTIC+VISION 2019.
Text von Rosemarie Frühauf